29.05.2023
Ausbildungschancen für junge Leute leicht verbessert
Jugendliche haben wieder etwas bessere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Zugleich bleiben zunehmend Lehrstellen unbesetzt. Das geht aus dem Berufsbildungsbericht 2023 hervor, den das Kabinett beschlossen hat. Wie sieht der Ausbildungsmarkt im Detail aus? Ein Überblick.
Was sind die größten aktuellen Herausforderungen für den Ausbildungsmarkt?
Die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine: Der Ausbildungsmarkt hatte 2022 mit enormen Herausforderungen zu kämpfen. Zusätzlich zu den aktuellen Krisen beeinflussen übergeordnete Trends das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Dazu gehört beispielsweise die demografische Entwicklung. So haben 2022 etwa 4,7 Prozent weniger junge Menschen die Schule verlassen als 2019.
Hinzu kommt die soziale, digitale und ökologische Transformation. Betriebe sind dringend auf gut qualifizierten Fachkräfte-Nachwuchs angewiesen, um beispielsweise die Energie- und Mobilitätswende in Deutschland umzusetzen.
Was sind wichtige Kerndaten des Berufsbildungsberichts?
Eine Kernziffer betrifft die Zahl der neu abgeschlossenen dualen Ausbildungsverträge: Sie ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,4 Prozent auf 475.100 gestiegen. Die Zahl neuer Verträge liegt jedoch noch deutlich unterhalb des Niveaus vor der Corona-Pandemie. Gewachsen ist 2022 im Vergleich zu 2021 das Angebot an Ausbildungsstellen: Hier standen etwa 544.000 Ausbildungsplätze zur Verfügung – ein leichter Anstieg um 1,4 Prozent.
Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung blieb jedoch nahezu unverändert und stagnierte: Es gibt also mehr Ausbildungsplätze, aber weniger Bewerberinnen und Bewerber. Ende September 2022 waren 68.900 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Wie sind die Chancen von Jugendlichen, einen passenden Ausbildungsplatz zu finden?
Für Jugendliche, die eine Ausbildungsstelle suchen, hat sich 2022 die Situation leicht verbessert. Rein rechnerisch standen 100 Bewerberinnen und Bewerbern 109,3 Ausbildungsstellen zur Verfügung – ein kontinuierlicher leichter Anstieg zu den Vorjahren. Es werden also mehr Ausbildungsplätze angeboten, bei etwa gleichbleibender Zahl von Interessierten.
Wie ist die Situation für Ausbildungsbetriebe?
Angesichts der stagnierenden Zahl von jungen Leuten mit Interesse an einer dualen Ausbildung haben es viele Betriebe schwerer, geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. So stieg die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um etwa neun Prozent. Die Unternehmen benötigen jedoch händeringend eine ausreichende Zahl von Auszubildenden. Ein flächendeckender Fachkräftemangel liegt aktuell nicht vor, aber ein erhöhter Fachkräftebedarf.
Ist die Situation in allen Branchen und Regionen gleich?
Nein, im Gegenteil. Es gibt zum Teil erhebliche Unterschiede, was das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in Branchen und Regionen angeht. Manche Berufe sind sehr beliebt und dementsprechend bei Auszubildenden stark nachgefragt. Dazu gehören beispielsweise Ausbildungsplätze in der Immobilienwirtschaft, im KFZ-Verkauf und in der KFZ-Technik, in der Softwareentwicklung, Tischlerei, Gartenbau, Verwaltung und im Büromanagement.
Dagegen können in einigen Branchen Ausbildungsplätze wegen geringer Nachfrage kaum besetzt werden: Friseurberuf, Logistik- und Lebensmittelbereich, Hotel- und Gaststättenberufe, Bauberufe und baunahe Berufe sowie Metallberufe. Auch in Berufen des Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesens ist der Fachkräftebedarf hoch.
Zudem gibt es regionale Unterschiede. So haben es Bewerberinnen und Bewerber in Berlin und Brandenburg beispielsweise schwerer als in Bayern oder im Saarland. Umso mehr gilt für Jugendliche mit Interesse an einer Ausbildungsstelle, möglichst mobil und flexibel zu sein – sowohl mit Blick auf die Region als auch den Wunschberuf.
Wie stärkt die Bundesregierung die berufliche Bildung?
Der Bundesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, die berufliche Bildung zu stärken und mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung zu begeistern. Daher gibt es eine Reihe von Initiativen und Maßnahmen der Bundesregierung. Dazu gehört die Ausbildungsgarantie, die das Bundeskabinett Ende März beschlossen hat. Ziel ist, allen Jugendlichen den Zugang zu einer vollqualifizierten, möglichst betrieblichen Berufsausbildung zu ermöglichen. Knapp 18 Prozent der jungen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren haben aktuell keinen formalen Berufsabschluss.
Um dem zu begegnen, ist auch vorgesehen, die frühzeitige Berufsorientierung an Schulen weiter zu verstärken. Die „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ der Bundesregierung will beispielsweise die Gymnasien mehr in den Blick nehmen, um den Übergang von der Schule in den Beruf zu erleichtern. Zudem will die Exzellenzinitiative die individuelle Förderung junger Talente verbessern. Darüber hinaus wird die internationale Ausrichtung in der beruflichen Bildung ausgeweitet. Für die Exzellenzinitiative stehen bis 2026 insgesamt etwa 750 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Bundesregierung arbeitet gemeinsam mit Sozialpartnern und Ländern weiterhin daran, die Qualität, Attraktivität und Integrationskraft der beruflichen Bildung zu stärken. Dafür steht aktuell auch der „Sommer der Berufsausbildung“.
Wofür steht der „Sommer der Berufsausbildung“?
Mit dem „Sommer der Berufsausbildung“ wirbt die „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ für die Vorteile der beruflichen Bildung. Der Allianz gehören die Bundesregierung, Sozialpartner und Verbände an. Von Mai bis Ende September erhalten Interessierte auf Social Media und zahlreichen Veranstaltungen auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene wichtige Informationen.
Der „Sommer der Berufsausbildung“ richtet sich besonders an Jugendliche, aber auch an Eltern und Betriebe. Im Fokus steht dabei, möglichst viele junge Leute und Betriebe zusammenzubringen. Thematisch geht es insbesondere darum, die Berufsorientierung zu intensivieren, die Attraktivität der Ausbildung zu zeigen, die Vielfalt in den Betrieben darzustellen und die Nachvermittlung zu fördern.